Als ich das erste Mal das Kunsthaus Bregenz besuchte, kam ich für die Kunst. Wieder zuhause angekommen, fragten mich viele, wie die Ausstellung sei und ob es sich lohne. Da ertappte ich mich selbst, wie ich immer wieder auch von den Räumen und ihrer Atmosphäre sprach und weil mir kein besseres Wort einfiel, nannte ich es „faszinierend“. Um zu verstehen, warum die Architektur so „faszinierend“ auf mich wirkte, beschloss ich das Kunsthaus nachzubauen. Und dabei enthüllte sich mir so manches Geheimnis…
Im Rahmen des Seminars ‚Räume für die Kunst‘ (Sommersemester 2018) entwickelten Studierende Vermittlungskonzepte für die einzigartige Architektur des Kunsthaus Bregenz. Die Gruppe ‚Modellbau‘, bestehend aus Ann-Kathrin Ziganki, Ivona Maric und Pia Emmrich, entschied sich gegen einen didaktischen Ansatz und begann zu basteln. Schließlich geht es in der Architektur von Zumthor um die Erfahrungen und das Erfühlen. Um dieses Erlebnis intuitiv wiedererleben zu können, wurde der Bausatz für ein Kunsthaus aus Karton entwickelt. Die Grundideen der Architektur werden so während des Nachbauens verständlich.
Um diesen Effekt zu erzielen, war eine Vereinfachung der sehr komplexen Konstruktion notwendig. Diese Reduzierung ermöglicht demjenigen, der in die Fußstapfen Zumthors treten möchte, eine meditative Bauerfahrung und die Möglichkeit die Wirkung der fertigen Räume zu bestaunen.
Um Zumthors Sinn für das Stoffliche und die materielle Präsenz des Kunsthaus Bregenz auf das Modell zu übertragen, gehören zum Bausatz drei kleine Kuben aus Stahl, Glas und Beton. Durch das Berühren der Proben wird an die sinnlichen Eigenschaften des Kunsthauses erinnert und diese werden erneut erfahrbar. Die Kuben dienen außerdem als Objekte, mit denen die fertig gesteckten Ausstellungsräume nach Bedarf kuratiert werden können. In unterschiedlichen Editionen sind zusätzlich verschiedene Kunstwerke mitinbegriffen, die an vergangene Ausstellungen des KUB erinnern und die Möglichkeit bieten nach Gusto das Modell und seine Ausstellungsfläche zu bespielen.
Ergänzend zum Modell gibt es ein Begleitheft, das die Architekturphilosophie Zumthors auf ebenso poetische Weise wie die Architektur selbst vermittelt. Ein lyrisches Ich führt durch das schlicht und ästhetisch gestaltete Heft, um dem Leser die interessanten Details und Besonderheiten der Architektur vor Augen zu führen.
Das Modell richtet sich an den architekturaffinen Erwachsenen, der den Bausatz nach seinem Besuch im KUB erwirbt und während des Zusammenbauens diesen rekapituliert. Ziel ist es, die Selbstverständlichkeit und schlichte Funktionalität von Peter Zumthors Architektur durch das Nachbauen erfahrbar zu machen. Die Architekturprinzipien werden durch eine intensive Auseinandersetzung mit Konstruktion und Form nachempfunden und der Blick für das Detail geschärft.
Das Kunsthaus Bregenz hat sich dazu entschlossen alle im Seminar entstandenen Vermittlungskonzepte in ihren Räumlichkeiten auszustellen. Die Ausstellung findet vom 23.10.2018 bis 04.11.2018 statt.
Ann-Kathrin Ziganki