Die sinkende Lagunenstadt Venedig ist schon vielfach Handlungsort bedeutender literarischer Werke gewesen, so auch in William Shakespeares Dramen The Merchant of Venice und Othello. Die komplexe Dramatisierung der Stadt und ihrer Rolle als Schauplatz kultureller Konflikte und sozialer Ausgrenzungen in der Frühen Neuzeit waren zwei der Schwerpunkte des von Prof. Dr. Christina Wald geleiteten Seminars “Shakespeare’s Venice“. Den Hauptbestandteil des Kurses bildete eine einwöchige Exkursion nach Venedig in Kooperation mit einer von Prof. Dr. Tobias Döring geleiteten Studiengruppe der Ludwig Maximilian Universität München. Den Studierenden bot sich dabei die einzigartige Möglichkeit, ein intensives Seminarprogramm in den Räumlichkeiten der Venice International University auf der Insel San Servolo mit der eigenständigen Erkundung der kulturell-geschichtlich außergewöhnlichen Stadt zu verknüpfen, und so vor Ort den vielfältigen Fragen des Seminars individuell nachzugehen: Welche Wechselwirkung eröffnet das Begehen der tatsächlichen Stadt auf unsere Lesart der Texte Shakespeares, der vermeintlich nie selbst in Venedig gewesen ist? Lässt sich die in der Literaturwissenschaft attestierte venezianische Signatur des Karnevalesken auch heute noch vor Ort erfahren und wie wirkt sie sich potenziell auf unsere Wahrnehmung dieser architektonisch einzigartigen Stadt aus? Lassen sich Spuren von Shakespeares Venedig in der aktuellen Kunst verfolgen, die stadtweit in der Biennale di Venezia gezeigt wurde? Eines des Highlights der Exkursion war dabei eine Stadtführung mit Shaul Bassi, Professor am Institut für Linguistik und vergleichende Kulturwissenschaft der Università Ca‘ Foscari Venezia, der gemeinsam mit den Studierenden den von Shakespeare dargestellten realen Stätten nachging. Den beklemmenden wie faszinierenden Schlusspunkt der Führung markierte eine Besichtigung des Ghetto Nuovo – dem früheren jüdischen Ghetto Venedigs und einer der Hauptschauplätze des Merchant of Venice mit Shakespeares berühmten Geldverleihers Shylock. Letzterer war zudem Diskussionsthema des Symposiums “Shylock’s Shadows“ am 19. Und 20. Mai 2017 an der Ludwig Maximilian Universität München, an welchem die Studierenden ebenfalls teilnehmen konnten, um so einen tiefgehenden Einblick in die vielfältigen Forschungsfragen zu der Figur zu erhalten.
28. Mai 2018