Morgen geht es beim Vortrag von Sylwia Werner (Universität Konstanz, Exzellenzcluster) in Fachbereichskolloquium am Dienstag, den 21. Januar 2014 von 17 Uhr bis 18.30 Uhr in Raum H306 um folgendes Thema – wie immer sind alle herzlich eingeladen:
Ludwik Flecks Lemberg. Der kunstphilosophische ‚Denkverkehr‘
Die Formierung der ästhetischen und wissenschaftlichen Moderne ist untrennbar mit den Wissenskulturen westlicher Metropolen wie Wien, Berlin oder Paris verknüpft. Doch es gab auch in Osteuropa viele kulturelle Zentren, die entscheidenden Anteil an der Ausprägung neuer Konzeptionen in Wissenschaft und Kunst hatten. Der Vortag möchte exemplarisch zeigen, wie in der scheinbar abseits liegenden Stadt Lemberg während der Zwischenkriegszeit zahlreiche bahnbrechende epistemologische und ästhetische Konzeptionen entstanden, die eine durch alle wissenschaftlichen Disziplinen und kulturelle Gebiete gehende „Moderne“ mit großer Strahlkraft begründeten.
Im Zentrum dieses erstaunlichen Prozesses stand der Mediziner Ludwik Fleck (1896-1961). Sein Hauptwerk Die Entstehung und Entwicklung einer wissenschaftlichen Tatsache (1935) zeigt die soziale Bedingtheit von Wissenschaft sowie deren Abhängigkeit von kulturellen und künstlerischen Vorstellungen, Konzepten, Wahrnehmungsweisen und Stilen. Mit seiner relativistischen Wissenschaftstheorie liefert Fleck zugleich das adäquate methodische Rüstzeug, um die Wandlungen von Denkstilen und Ideen im Denkverkehr von Kollektiven in lokalen Wissenskulturen zu untersuchen. Flecks Methode lässt sich dabei auch paradigmatisch auf ihn selbst und sein sozio-kulturelles Umfeld anwenden. So können die unterschiedlichen Weisen, wie Künstler und Forscher in Lemberg an gemeinsamen Denk- und Schreibweisen partizipierten, rekonstruiert werden.