Orgelempore

Blickt man im Langhaus stehend gen Westen, geraten Orgel und Empore in den Fokus. Auffallend ist hier, dass sich die Orgel räumlich hinter den Eingangstüren befindet, also über den Köpfen derjenigen, die draußen vor den Portalen Simon Haiders stehen. Diese bauliche Besonderheit wurde erst durch ein Feuer ermöglicht, das 1511 die Münstertürme im Westen beschädigte – genauer wird ... mehr anzeigenBlickt man im Langhaus stehend gen Westen, geraten Orgel und Empore in den Fokus. Auffallend ist hier, dass sich die Orgel räumlich hinter den Eingangstüren befindet, also über den Köpfen derjenigen, die draußen vor den Portalen Simon Haiders stehen. Diese bauliche Besonderheit wurde erst durch ein Feuer ermöglicht, das 1511 die Münstertürme im Westen beschädigte – genauer wird dies in unserer letzten Station thematisiert. In diesem Kontext ist wichtig, dass 1511 auch die Orgel aus den 1490er-Jahren vom Feuer betroffen war. Der Stuttgarter Orgelbauer Hans Schentzer wurde zunächst für Reparaturarbeiten gewonnen, um ihm dann 1515 den Auftrag zu einer vollständig neuen Orgel zu erteilen. Diese brauchte jedoch mehr Platz, weshalb neben der neuen Orgelempore auch ein Durchbruch der westlichen Langhauswand notwendig wurde, um den Raum oberhalb des Portaljoches nutzen zu können. 1520 war Schentzers Werk vollendet, während der Reformation und der Abwesenheit des Domkapitels wurde die Orgel jedoch stark vernachlässigt, sodass stetig Instandsetzungsarbeiten anfielen. 1858 und 1945/55 wurden jeweils neue Orgeln installiert, das Gehäuse ist nach wie vor das historische aus den Jahren 1515 bis 1520.

Auch die Empore zeigt sich im Wesentlichen noch wie zur Zeit der beginnenden Renaissance vor 500 Jahren. Ein leicht gespitzter Stützbogen überfängt Hauptportal und Malerei. Darüber teilen Rippenbündel die Wandfläche in acht Kompartimente und bilden ein Netzgewölbe aus, das in das Langhaus hineinragt und mit hängenden Konsolen endet. weniger anzeigen

  • Abb. 1 von 6 - Bildquelle: Eva Eß, Jessica Schäfer

    Orgelempore, Münster unserer lieben Frau, Konstanz 1515

  • Abb. 2 von 6 - Bildquelle: Eva Eß, Jessica Schäfer

    Die Engel auf den Konsolen der Empore verlängern die Dienstbündel, die die Wandfläche aufteilen, in die Höhe und gliedern so die Balustrade ebenfalls in acht Kompartimente. Sie waren wohl einst mit der Orgel verbunden, sodass aus ihren Trompeten tatsächlich Töne kamen. Bereits 1592, während der umfassenden Reparaturarbeiten durch Daniel Hayl, mussten die Engelsfiguren ersetzt werden. Dabei kamen an den Enden der Balustrade zwei neue Figuren hinzu, die seitdem die anderen Engel rahmen.

  • Abb. 3 von 6 - Bildquelle: Eva Eß, Jessica Schäfer

    Am südlichen Eck der Orgelempore, unterhalb des Stützbogens, fallen zwei geflügelte Putten auf, die – wie ihre plastisch ausgearbeiteten größeren Verwandten vor der Balustrade – zu musizieren scheinen. Der rechte Putto trägt eine Trommel, das Musikinstrument des linken Puttos fiel der Zeit zum Opfer. Ursprünglich spielte er eine Pfeife. Das Motiv Trommler und Pfeifer ist auch außerhalb des sakralen Bereichs auffindbar, so z.B. ab Beginn des 16. Jh. in bayerischen Spielkarten.

  • Abb. 4 von 6 - Bildquelle: Eva Eß, Jessica Schäfer

    Wie die gesamte Empore weist auch der Stützbogen zahlreiche dekorative Motive auf. An den Enden beginnt jeweils ein helixförmiges Rankenastwerk, in dem sich 17 nackte oder kostümierte Putten tummeln. Im oberen Drittel des Stützbogens werden die Patrone des Münsters, Pelagius und Konrad, von beinahe horizontalen Vorsprüngen und Fialtürmchen gerahmt. Sie befinden sich oberhalb der Eingangsportale, auf deren Außenseiten sie ebenfalls dargestellt sind. Stilistisch und zeitlich sind die Skulpturen jedoch anders einzuordnen als die Architektur.

  • Abb. 5 von 6 - Bildquelle: Eva Eß, Jessica Schäfer

    Neben den zahlreichen kleinen Engeln im Astwerk ist auch ein Bär versteckt, der neckisch einem Putto in den Fuß beißt. Durch die einheitliche Farbgebung und den ähnlichen Körperbau fällt er zunächst kaum auf. In der gesamten Gestaltung der Empore dominieren die Farben Rot und Blau, die Grund und Rahmen für die in der Naturfarbe des Steins belassenen Figuren bilden. Die Balustrade ist mit leicht orangefarbenem Ton versehen. Zur Akzentuierung und Rahmung des Rankenastwerks sind Kehlen des Stützbogens blau gefasst. Farbig markiert sind damit die Hintergründe und Rahmenformen, nicht die dekorativen Details.

  • Abb. 6 von 6 - Bildquelle: Eva Eß, Jessica Schäfer

    Im Bogenscheitel treffen der Schlussstein und die Konsole des mittigen Rippenbündels des Gewölbes aufeinander. Dadurch wird die vertikale Achse des Dienstbündels betont, nicht zuletzt auch durch die dort angebrachte Büste eines bärtigen Mannes, der den Betrachter unterhalb der Empore anblickt. Eventuell handelt es sich hierbei um ein Selbstbildnis des Bildhauers, denn die Figur zeigt mit dem Finger auf sich selbst und könnte sich somit als Schöpfer der Architektur und des skulpturalen Schmucks ausweisen. Der Meister ist uns jedoch unbekannt, denn die in der Empore angebrachten Kürzel konnten bislang keinem Bildhauer zugeordnet werden.