Hochchor

Das heutige Erscheinungsbild der Ostteile des Münsters resultiert ebenfalls aus mehreren Umbauten und Umgestaltungen, die in über 1000 Jahren vorgenommen wurden. Die letzte klassizistische Umgestaltung im späten 18. Jahrhundert dominiert den Gesamteindruck des östlichen Abschlusses. Die Ausmaße des Chores und der annähernd quadratischen Vierung entsprechen jedoch noch immer den Maßen, ... mehr anzeigenDas heutige Erscheinungsbild der Ostteile des Münsters resultiert ebenfalls aus mehreren Umbauten und Umgestaltungen, die in über 1000 Jahren vorgenommen wurden. Die letzte klassizistische Umgestaltung im späten 18. Jahrhundert dominiert den Gesamteindruck des östlichen Abschlusses. Die Ausmaße des Chores und der annähernd quadratischen Vierung entsprechen jedoch noch immer den Maßen, die im späten 10. Jh. unter Bischof Lambert festgelegt wurden. Ein perspektivischer Mäander unter der flachen Holzdecke schloss die glatt verputzten Wände nach oben hin ab. Im 14. Jh. erhielt die Vierung noch vor dem Konstanzer Konzil ein gotisches Kreuzrippengewölbe. 1430-32 wurde auch der Chor mit einem Rippengewölbe ausgestattet, das den Raum in zwei querrechteckige Joche unterteilt. Außerdem wurden drei Spitzbogenfenster in der Ostwand eingefügt, deren Farbverglasungen die Viten von Konrad, Pelagius und Maria darstellten. Auch im nördlichen und südlichen Querhausarm wurden Fenster durchbrochen und Rippengewölbe errichtet: im Norden mit einem vielteiligen Rippenstern um ein quadratisches Feld, in dessen Zentrum eine kreisrunde Öffnung die Jahreszahl 1451 preisgibt, im Süden ein Gewölbe mit Stichkappen in Richtung der Außenwände, sodass eine Sternfigur entstand. Dieses Antlitz der Ostteile aus dem 15. Jh. blieb weitestgehend bis in das 18. Jh. hinein erhalten. Dem Architekten Pierre Michel d’Ixnard wurden 1774 vom Domkapitel mindestens vier erhaltene Entwürfe aus den 1760er-Jahren zur Verfügung gestellt, um die klassizistische Umgestaltung des Hochaltars voranzutreiben. weniger anzeigen

  • Abb. 1 von 6 - Bildquelle: Franz-Josef Stiele-Werdermann, Konstanz

    Klassizistischer Hochchor

    Frontalansicht aus dem Mittelschiff, Münster Unserer Lieben Frau, Konstanz 1774-1775
    Pierre Michel d’Ixnard (Entwurf), Josef Ferdinand Bickel/Carlo Pozzi (ausführende Künstler)

  • Abb. 2 von 6 - Bildquelle: Eva Eß, Jessica Schäfer

    D’Ixnards erste Entwürfe sahen nicht nur die Versetzung des Hochaltars an die Ostwand des Chores vor, sondern auch tiefgreifende Änderungen im spätgotischen Gewölbe. Diese Pläne sind jedoch verschollen, sodass der Vertrag vom 16. Januar 1775 zwischen d’Ixnard und Domkapitel vor allem Aufschluss über die Umbauten gibt. Im Inneren wurde eine Alabaster- und Stuckverkleidung der Wände auf einer Holzkonstruktion montiert und somit die Wände verdeckt.

  • Abb. 3 von 6 - Bildquelle: Eva Eß, Jessica Schäfer

    Obwohl das mittlere Fenster bis auf die Höhe des Bogenansatzes der beiden Seitenfenster zugemauert wurde, um dem an die Ostwand versetzten Hochaltar einen angemessenen Hintergrund zu geben, blieben die Fenster weitestgehend sichtbar. Die um 1617 entstandenen Öffnungen in der Südwand des Chores hingegen, die mehr Licht durch die Margaretenkapelle in den Chorraum leiten sollten, wurden unter d’Ixnard mit zwei rechteckigen Fenstererkern verkleidet.

  • Abb. 4 von 6 - Bildquelle: Eva Eß, Jessica Schäfer

    An der gegenüberliegenden Nordwand wurden die Öffnungen aus dem Jahr 1617 verschlossen und die Wandfläche spiegelbildlich zur Südseite gestaltet. Der rechteckige Erker beherbergt demnach Scheinfenster mit verspiegelten Gläsern. Das heutige Antlitz der Ostwand entstand erst 1923, als das großformatige Gemälde der Himmelfahrt Mariens aus Salem nach Konstanz geholt und im Hochchor installiert wurde. Die Diskrepanz zwischen Innen (ohne Fenster) und Außen (mit Fenstern) der Chorostwand ist also noch relativ jung.

  • Abb. 5 von 6 - Bildquelle: Eva Eß, Jessica Schäfer

    D’Ixnard wagte sich doch noch an eine Umgestaltung der Gewölbe, tastete die Rippen jedoch nur marginal an. Nach seinen Plänen wurden die Gewölbefelder kassettiert, wie es sein Parlier Johann Ferdinand Bickel später auch in den Gewölbekappen von Thomas-Chor, Mariä-End-Chor und Vierung vornahm. Unter Bickels Aufsicht wurde auch das Chorgestühl farbig gefasst, wie aus einem Vertrag von 1777 hervorgeht, dies wurde jedoch später rückgängig gemacht.

  • Abb. 6 von 6 - Bildquelle: Eva Eß, Jessica Schäfer

    D’Ixnard veranlasste auch die Ausstaffierung der Rippenkreuzungen und Schlusssteine des spätgotischen Gewölbes mit Pflanzendekor. Den Auftrag über die nachfolgende „Modernisierung“ des Querhauses erhielt jedoch Bickel. Auch d’Ixnards Entwürfe zur Umgestaltung des Langhauses wurden nicht verfolgt, da dem Domkapitel die Kosten von 40.000 Gulden zu hoch erschienen. Sonst würden wir im Langhaus heute vermutlich antikische Säulen mit kannelierten Kapitellen anstelle von Konrads Säulenschäften mit Lamberts Schildkapitell betrachten.