Die Madonna an der Westfassade

Im Zuge der Münsterwiederherstellung ab 1845 fanden an der Westfassade des Konstanzer Münsters drei neue Figuren ihre Aufstellung über dem Hauptportal. Eine Madonna mit Kind, flankiert von den beiden Stadtpatronen Konrad und Pelagius heißt hier die Gläubigen in der ihr gewidmeten Kirche willkommen. Ähnlich wie bei der Madonna auf der Mariensäule ist die Mutter Gottes erneut ... mehr anzeigenIm Zuge der Münsterwiederherstellung ab 1845 fanden an der Westfassade des Konstanzer Münsters drei neue Figuren ihre Aufstellung über dem Hauptportal. Eine Madonna mit Kind, flankiert von den beiden Stadtpatronen Konrad und Pelagius heißt hier die Gläubigen in der ihr gewidmeten Kirche willkommen. Ähnlich wie bei der Madonna auf der Mariensäule ist die Mutter Gottes erneut aufrechtstehend, mit einem langen Gewand und einer Krone bekleidet dargestellt, wie sie das Christuskind mit dem segnenden Gestus und der Weltenkugel auf ihrem Arm hält. Dennoch, wenn auch nicht auf den ersten Blick ersichtlich, unterscheiden sich die beiden Figuren grundlegend. Während die bronzene Madonna für ihren Aufstellungsort in luftiger Höhe nicht geschaffen zu sein scheint, sind die Proportionen der Marienskulptur an der Westfassade explizit auf die ihr inhärente Betrachterposition abgestimmt: So ist ihr Oberkörper leicht verlängert dargestellt, um die Untersicht des Rezipienten auf die Mutter Gottes auszugleichen und diese nicht gestaucht wirken zu lassen. Detailreiche Verzierungen, die auf die große Distanz für den Betrachter ohnehin nicht zu erkennen wären, sind erst gar nicht vorhanden. Bedeutsam bei dieser Darstellung ist vor allem Marias Blick, der ihre begrüßende Funktion unterstreicht. Er richtet sich leicht in die Ferne, in die vor liegende Katzgasse, die direkt auf das Hauptportal zuführt und adressiert somit die sich dem Münster nähernden Gläubigen. weniger anzeigen

  • Abb. 1 von 4 - Bildquelle: Adana Schulz

    Franz Xaver Reich: Madonna an der Westfassade (zwischen Konrad und Pelagius von Hans Baur), ca. 1845, Steinskulptur, am Westportal des Konstanzer Münsters unserer lieben Frau.

  • Abb. 2 von 4 - Bildquelle: Adana Schulz

    Die neogotische Madonnenfigur zeigt eindrücklich, was für ein Körperverständnis in der Neogotik herrschte. So wirkt ihre Darstellungsweise eher starr und sehr aufrecht, ihr Körper ist in ein sehr geradliniges System eingegliedert.

  • Abb. 3 von 4 - Bildquelle: Adana Schulz

    Dass die Figurengruppe erst nachträglich an der Westfassade befestigt wurde, kann vom aufmerksamen Betrachter bis heute erkannt werden: So ruhen die Kielbögen auf Konsolen, die nachträglich in das Mauerwerk eingelassen sind. Auch das kleine Fenster über der Marienfigur, das vom mittleren Kielbogen teilweise verdeckt wird, zeigt dass hier ein älteres Mauerwerk überbaut wurde.

  • Abb. 4 von 4 - Bildquelle: Adana Schulz

    Aufgrund von massiven Umweltschäden wurden alle drei Figuren mittlerweile durch Kopien ersetzt. Die Madonna wurde bereits 1932/35 durch eine Kunststeinkopie ausgetauscht, ihr folgten 1985 Kopien der beiden Stadtpatrone. (Konrad 2013, S. 235)