Abb. 1 von 7 - Bildquelle: Ivona Maric, Claudia Heim und Milena Becker, bearbeitet von Milena Becker.
Werkstatt Simon Haider: Gefangennahme Jesu. Relieftafel am Westportal des Konstanzer Münsters, ca. 1470. Nussbaumholz, 32cm Breite x 42cm Höhe x 7,5cm Tiefe.
Abb. 2 von 7 - Bildquelle: Ivona Maric, Claudia Heim und Milena Becker, bearbeitet von Milena Becker.
Wie im Matthäus-Evangelium, Kapitel 26 beschrieben, ergreift eine mit Schwertern bewaffnete Schar Jesus Christus. Die Soldaten sind durch ihre Rüstung, die sich von der Bekleidung der übrigen Figuren abhebt, und durch ihre Waffen als solche zu erkennen. Der in der Bibel aufgeführte Knecht eines Hohepriesters, dessen Ohr abgeschlagen wird, kniet zur Rechten Christi. Sein Gesicht zeugt von keinerlei Schmerz, im Gegenteil blickt er beinahe ausdruckslos in die Ferne. Christus hält schützend seine rechte Hand an dessen Ohr, das er vermutlich bereits geheilt hat oder im Begriff ist zu heilen. Seine Mimik hingegen ist deutlich gekennzeichnet von Trauer und Enttäuschung.
Abb. 3 von 7 - Bildquelle: Ivona Maric, Claudia Heim und Milena Becker, bearbeitet von Milena Becker.
Besonders in der Darstellung von Figurengruppen ist die individuelle Gestaltung der einzelnen Figuren erkennbar. Die Schriftgelehrten tragen allesamt dasselbe Gewand, dennoch sind sie sich durch ihr Äußeres deutlich differenziert und individualisiert. Sie haben unterschiedliche Kopfbedeckungen und entweder einen Bart oder keine Gesichtsbehaarung. Zudem grenzen sie sich trotz zunächst homogener Wirkung voneinander ab, indem sie in verschiedene Richtungen blicken.
Abb. 4 von 7 - Bildquelle: Ivona Maric, Claudia Heim und Milena Becker, bearbeitet von Milena Becker.
Aufgrund der durch das Material bedingten Monochromie wird zunächst auch bei der Menschengruppe, die sich bei der Auferweckung des Lazarus um Jesus Christus schart, der Eindruck von Homogenität erweckt. Betrachtet man die Figuren jedoch im Einzelnen, so wird vor allem in der Mimik und in den Kopfbedeckungen eine große Variationsbreite ersichtlich.
Abb. 5 von 7 - Bildquelle: Ivona Maric, Claudia Heim und Milena Becker, bearbeitet von Milena Becker.
Witterung, Fingerabdrücke oder auch Zerstörungswut. Die Portaltüren haben im Laufe der Jahrhunderte vieles erlebt und waren einigen negativen Einflüssen ausgesetzt. Sie wurden durch Bildhauer Hans Stingl 1952 sorgfältigst restauriert und im Zuge dessen gereinigt, ebenso wurden Risse beseitigt (Reiners 1955, 370). An den Schnitzereien jedoch ist nichts ergänzt worden. Ihr Zustand ist verhältnismäßig gut, einige Schäden sind dennoch zu beklagen. Gesichter sind beispielsweise „verwaschen“ oder fehlen komplett.
Abb. 6 von 7 - Bildquelle: Ivona Maric, Claudia Heim und Milena Becker, bearbeitet von Milena Becker.
Selbst einem recht robusten Material wie Holz können das wechselhafte Klima und Besucher, die mit ihren Schuhsohlen gegen die Sockel stoßen oder das Werk unbedingt berühren wollen, zusetzen. Es fehlen an mehreren Relieffiguren Hände und Arme, einige Köpfe und beispielsweise auch das linke hintere Bein des Esels, auf dem Christus in der Relieftafel Einzug nach Jerusalem reitet.
Abb. 7 von 7 - Bildquelle: Ivona Maric, Claudia Heim und Milena Becker, bearbeitet von Milena Becker.
Die fast 550 Jahre alten prächtigen Schnitzereien sind einigen Umwelteinflüssen ausgeliefert. Die Portaltüren sind keine Duplikate und zeigen dementsprechend einige Gebrauchsspuren und auch Schäden auf. Vor allem die linke Türe hat durch ihren 1587 ausgeschnittenen beweglichen Durchgang stärker gelitten. Dieser ist heute durch ein schlagfestes und entspiegeltes Glas vor Berührung und Nässe geschützt. Dennoch ist die vorangegangene Abnutzung deutlich an den abgegriffenen Gesichtern der Relieffiguren und am fast vollständig verschwundenen Christuskind in den Händen Simeons zu erkennen. Dass gerade Christus so häufig berührt wurde, ist kein Zufall: Der Wunsch, das Werk zu berühren, stammt aus einer Zeit, in der man in den Figuren die göttlichen Zeichen des Heils selbst suchte.