Das Westportal – Das Tor zum Heil

Bereits von Weitem entfaltet sich durch die kunstvollen Schnitzarbeiten die Pracht des Westportals. Es bietet einen ersten Vorgeschmack auf die beeindruckende Ausstattung des Konstanzer Münsters und weist den Weg ins Kircheninnere. Das Passieren eines Kirchenportals ist immer ein Überschreiten der Schwelle zwischen profanem und sakralem Raum. Der biblische Figurenschmuck des Westportals ... mehr anzeigenBereits von Weitem entfaltet sich durch die kunstvollen Schnitzarbeiten die Pracht des Westportals. Es bietet einen ersten Vorgeschmack auf die beeindruckende Ausstattung des Konstanzer Münsters und weist den Weg ins Kircheninnere. Das Passieren eines Kirchenportals ist immer ein Überschreiten der Schwelle zwischen profanem und sakralem Raum. Der biblische Figurenschmuck des Westportals spielt hierbei eine zentrale Rolle. Dargestellt sind Szenen aus dem Leben und der Passion Jesu Christi. Sie belehren den Eintretenden und führen ihm die Sündenvergebung durch den Tod Christi vor Augen. Ebenso soll durch die lebensnahe und detaillierte Wiedergabe der einzelnen Physiognomien Mitleid mit dem Leid Jesu erzeugt und die von den Relieffiguren eingenommene fromme Haltung ein Vorbild sein. Befreit von der Schuld und belehrt durch das Bildprogramm, wird dem Besucher der Weg ins Kircheninnere und somit ins irdische Paradies geebnet. Das Konstanzer Westportal kann in diesem Sinne als porta salutis, eine Tür zum Heil verstanden werden. weniger anzeigen

  • Abb. 1 von 6 - Bildquelle: Ivona Maric, Claudia Heim und Milena Becker, bearbeitet von Milena Becker.

    Werkstatt Simon Haider: Rechter Flügel des Westportals des Konstanzer Münsters, ca. 1470. Nussbaumholz, 4,05m x 1,45m.

  • Abb. 2 von 6 - Bildquelle: Ivona Maric, Claudia Heim und Milena Becker, bearbeitet von Milena Becker.

    Die Schwellenthematik eines Portals wird auch innerhalb der Reliefbilder thematisiert. Die Bildertafel Einzug nach Jerusalem zeigt exemplarisch eine Gestalt, deren Gesicht wie das Antlitz Christi stark zerstört ist Sie bewegt sich auf der Schwelle zwischen Innen und Außen, ihre Gestalt strebt nach außen zu Jesus Christus hin, befindet sich jedoch zum Teil noch innerhalb der Architektur. Um dem heranreitenden Christus zu huldigen, verharrt sie in einer großen Toröffnung. Oberhalb der Figur wird der Blick in einen Innenraum angedeutet. Das Tor zur Stadt Jerusalem verwandelt sich in eine Öffnung, die bereits auf die runde Grabeskirche Christi anspielt. Wie Lazarus ist die in Tüchern gehüllte Figur in der Tür ein Symbol der Auferstehung.

  • Abb. 3 von 6 - Bildquelle: Ivona Maric, Claudia Heim und Milena Becker, bearbeitet von Milena Becker.

    Neben den fein gearbeiteten Figuren ist auch bewundernswert geschnitzte Architektur in den Reliefbildern zu bestaunen. Durch sie wird nicht nur, wie im vorangegangenen Beispiel, auf das Portal und das „Hl. Grab“ verwiesen, sondern allgemein auf das Münster und seine Architektur. Das Kreuzrippengewölbe hatte Ende des 13. Jahrhunderts zunächst in der Miniaturarchitektur der Mauritiusrotunde, dann in den Kreuzgängen und im 15. Jahrhundert schließlich auch in den Seitenschiffen Einzug ins Münster gehalten.

  • Abb. 4 von 6 - Bildquelle: Ivona Maric, Claudia Heim und Milena Becker, bearbeitet von Milena Becker.

    Die detailliert ausgearbeiteten, zeitgenössischen Stadtpanoramen verleihen den Reliefbildern eine illusorische Tiefenräumlichkeit und zeigen die große Kunstfertigkeit der Haiderschen Schnitzer auf. Sie wölben sich im Flachrelief hervor.

  • Abb. 5 von 6 - Bildquelle: Ivona Maric, Claudia Heim und Milena Becker, bearbeitet von Milena Becker.

    Weitere gotische Architekturmerkmale, wie Spitzbogenarkaden, Bündelpfeiler und Maßwerkfenster spiegeln die zeitgenössische Innenraumarchitektur um 1470 wider.

  • Abb. 6 von 6 - Bildquelle: Ivona Maric, Claudia Heim und Milena Becker, bearbeitet von Milena Becker.

    Letztlich symbolisiert die Kirchentür als porta salutis eine Schwelle, die nur in Christus überschritten werden kann: als Schwelle zwischen Diesseits und Jenseits, Tod und Leben.