Elisabethfenster – Ikonographie

Das Schicksal der ursprünglichen mittelalterlichen Glasfenster des Münsters ist ein tragisches: Im Rahmen der Barockisierung des Kircheninnenraums im 17. Jh. wurden nahezu alle ursprünglichen, farbig gestalteten Fenster durch Blankverglasung ersetzt, das steinerne Maßwerk herausgeschlagen und die Obergadenfenster zusätzlich vergrößert. Hintergrund dieser ‚Beleuchtungsoffensive‘ war ... mehr anzeigenDas Schicksal der ursprünglichen mittelalterlichen Glasfenster des Münsters ist ein tragisches: Im Rahmen der Barockisierung des Kircheninnenraums im 17. Jh. wurden nahezu alle ursprünglichen, farbig gestalteten Fenster durch Blankverglasung ersetzt, das steinerne Maßwerk herausgeschlagen und die Obergadenfenster zusätzlich vergrößert. Hintergrund dieser ‚Beleuchtungsoffensive‘ war das Bedürfnis nach stärkeren und ruhigeren Lichtverhältnissen, um die weißen Altarfiguren bzw. die recht dunklen Altargemälde des Barock positiv ‚ins Licht zu rücken‘. Im Zuge einer allgemeinen Restaurierungs- und Neugestaltungsphase des Münsters Mitte des 19. Jh. wurde auch eine Neuverglasung der Chor- und Seitenkapellenfenster in Angriff genommen. Dabei entbrannte eine hitzige Debatte, in welchem Stil diese auszuführen seien. 1861 wurde das Eisenacher Regulativ verabschiedet, welches besagte, dass „die Würde des christlichen Kirchenbaues [den] Anschluss an einen der geschichtlich entwickelten christlichen Baustyle“ (Konrad 2012, 4) fordere, sodass der romanische und gotische Stil anempfohlen wurden. Daher wurden ab 1880 die Fenster der Seitenkapellen mit neuem Maßwerk im Rückgriff auf Stilformen des 14. Jh. einheitlich ausgestattet. Die Fenster der 16 Seitenkapellen wurden dagegen von sieben verschiedenen Glasmalereiwerkstätten in großer Uneinheitlichkeit ausgeführt, einzige Gemeinsamkeit war die beschriebene Verpflichtung zum Historismus. (Konrad 2012, 2-7; Konrad 2013, 228-233)

Ins Zentrum unserer Betrachtung wollen wir nun exemplarisch das neogotische Glasfenster der im Spätmittelalter über die Maßen populären Heiligen Elisabeth rücken und uns dabei in dieser Station zunächst allein ihrer Vita und damit dem ikonographischen Programm des Fensters zuwenden. weniger anzeigen

  • Abb. 1 von 3 - Bildquelle: Vanessa Grimm, Lara Kiolbassa

    Elisabethfenster, Fritz Geiges, Glasmalerei, 1899

    Dieses Glasfenster ist wie die gesamte Kapelle der Hl. Elisabeth von Thüringen gewidmet, wobei einige zentrale Szenen aus ihrem Leben dargestellt werden. Gestiftet wurde es vom Münsterbauverein Konstanz, ausgeführt von Prof. Fritz Geiges aus Freiburg 1899. Eine Restaurierung und Schutzverglasung des Fensters erfolgte 2009. (Konrad 2012, 52 und 54)

  • Abb. 2 von 3 - Bildquelle: Vanessa Grimm, Lara Kiolbassa

    Das Glasfenster stellt vier Wendepunkte der Biographie Elisabeths (1207-1231) dar. Nach dem Tod ihres Mannes verlässt sie mit ihren Kindern die Wartburg, da sie dort mit ihrem radikalen Frömmigkeitsideal und karikativen Tätigkeiten aneckte (Mitte links). Daraufhin bestritt sie ihren Lebensunterhalt mit dem Spinnen von Garn (oben links), während sie in einem von ihr gegründeten Hospital für Bedürftige sorgte. Dem franziskanischen Lebensstil verbunden, legte sie das zweite Gelübde ab (Mitte rechts). Mittellos und krank verstarb sie mit 24 Jahren in Marburg (oben rechts). (Konrad 2012, 52 und 54)

  • Abb. 3 von 3 - Bildquelle: Vanessa Grimm, Lara Kiolbassa

    Herzstück der Komposition bildet die Darstellung der Heiligen in den mittleren Bildfeldern. Brot und Kanne verweisen auf ihre Mildtätigkeit. Dabei wird sie nicht nur von einem roten Vorhang mit goldenen Kronen hinterfangen, sondern auch nimbiert und gekrönt sowie auf einem Sockel stehend dargestellt. Die Rosen, die sich um die Baldachinarchitektur und die Konsole ranken, verweisen auf das Rosenwunder: Elisabeth wird trotz Verbots mit einer Brotspende auf dem Weg zu den Armen von ihrer Schwiegermutter ertappt. Auf Nachfrage leugnet sie das Brot in ihrem Korb und behauptet, es seien Rosen darin. Gezwungen den Korb zu öffnen, finden sich dort tatsächlich Rosen, sodass Elisabeth einer Bestrafung entkommt.