Abb. 1 von 11 - Bildquelle: Jana Schmeckenbecher
Das Epitaph des Georg Sigismund Miller befindet sich an der Westwand des Mittelschiffs im Münster. Es wurde 1659 von Johannes Chrisoph Storer mit Öl auf Leinwand von Weihbischof Miller selbst in Auftrag gegeben. Das Gemälde ist 3 m hoch und 2,78 m breit wobei es aus 6 bemalten Leinwänden besteht, die zu einem Bogen zusammengefügt sind. 1855 wurde das Epitaph von Hofmaler Moosbrugger restauriert (Hermann 2013, 188).
Abb. 2 von 11 - Bildquelle: Birgit Rucker
Der untere linke Rand der heraldisch rechten Seite des Epitaphs wird von einer Tumba eingenommen, auf der die Verdienste Millers aufgeführt wurden. Das Todesdatum an der Langseite wurde erst nachträglich eingefügt (ANNO MDCLXXXVI 24. MARTIJ ANETATIS 71). Ein trauernder Putto hat sich auf dem Hochgrab niedergelassen und stützt sich auf einem Sockel ab. SOL OBSCVRATVES EST (Die Sonne verdunkelt sich) ist als Teil des Lukas Evangeliums 23,45 auf dem Sockel festgehalten und verweist auf den Tod Christi. Der Bischof, dessen Haupt bereits zum Totenkopf geworden ist, verweist auf den neben ihm stehenden Ritter mit umgekehrtem Wappenschild Millers – einem weiteren Zeichen des Todes. Im Hintergrund versuchen zwei Skelette das Einhorn des Wappens am Aufstieg zu hindern. (Hermann 2013, 188)
Abb. 3 von 11 - Bildquelle: Jana Schmeckenbecher
Kniend und geduckt sitzt Miller auf der rechten Seite am unteren Rand vor Maria, die ihre linke Brust hält und auf den Bischof deutet. Darüber präsentiert Christus seinem Vater seine Seitenwunde und verweist mit seiner linken Hand auf eine Inschrift. In seinem rechten Arm hält Jesus ein Kreuz, um das ein weiteres Inschriftenband gewickelt ist. Außerdem ist am unteren linken Rand ein Pergament zu erkennen, das von zwei Putten in den Händen gehalten wird. (Hermann 2013, 188)
Abb. 4 von 11 - Bildquelle: Birgit Rucker
Im Scheitel des rundbogigen Gemäldes erscheint Gottvater, der in ein Priestergewand gekleidet ist. Neben ihm schwebt eine Taube, die als Symbol des Heiligen Geistes einen Lichtstrahl auf die Personen der rechten Seite aussendet. Außerdem trägt sie als Zeichen der Hoffnung, wie die Taube der Arche Noah, einen Ölzweig im Schnabel. Auch hier wird die Bildaussage durch Schrift unterstützt: Ein Engel auf der linken Seite Gottvaters trägt ein Tuch, auf welchem der Psalm 91, 11 zu lesen ist: „Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf all deinen Wegen“. (Hermann 2013, 189)
Abb. 5 von 11 - Bildquelle: Birgit Rucker
Interessant ist die Inschrift auf dem Wappen VELVET AQVA DILABIMVR 2. REG. 14, die im Kontext der Bibelstelle so viel bedeutet wie: Wir müssen alle sterben und sind wie das Wasser, das man auf die Erde schüttet und nicht wieder einsammeln kann. […] Ein von ihm Verstoßener soll nicht verstoßen bleiben. (Hermann 2013, 188) Auch hier wird auf Tod und Auferstehung angespielt.
Abb. 6 von 11 - Bildquelle: Jana Schmeckenbecher
Das Grab Millers befindet sich im Mittelgang vor der Haupttür des Münsters. Hier ist auch sein Wappen erneut abgebildet. Im Vergleich wird deutlich, wie das Wappen in der Malerei nach unten gekippt ist. Heraldisch deutet dies nicht nur auf den Tod Millers selbst hin, sondern auf die Tatsache, dass das Geschlecht Millers mit seinem Tod ausstirbt. (Hermann 2013, 188)
Abb. 7 von 11 - Bildquelle: Jana Schmeckenbecher
Auf der Tumba werden Ämter und Verdienste Millers stichpunktartig aufgeführt. GEORGVIS SIGISMVNDVS EPISCOPVS HELIOLOLITANVS CLERI ORNAMENTVM, PAVPERM PATER, OMNIVM SOLATIVM, TRIGINTA QVATVOR ANNIS CANNONICVS TRIGINTA SVFFRAGANEVS SEX XATHEDRALIS DECANVS NOVEM AD DIVVM IOANNEM PRAEPOSIT, CONSTANTIENSIS, DEO PLENVS HIC DENIQVE IN CINERES SVBSIDIT (Georg Sigismundus, Bischof von Heliopolis, Schmuck des Klerus, Vater der Armen, aller Tröster, 34 Jahre Canonicus, 30 Jahre Weihbischof, 6 Jahre Dekan der Kathedrale, 9 Jahre Probst von St. Johann Konstanz, erfüllt von Gott, hat sich hier schließlich in Asche niedergelegt). Erneut wird das irdische Leben akzentuiert, doch festgehalten auf einem Grab wird die Vergänglichkeit wiederum deutlich. Leben und Tod werden auf dem malerischen Hochgrab vereint. (Hermann 2013, 188)
Abb. 8 von 11 - Bildquelle: Jana Schmeckenbecher
Die Schriftrolle wurde so in die Malerei platziert, dass sie sowohl für den Besucher, als auch für die Figur des Georg Sigismund Miller in dem Epitaph lesbar ist. Darauf geschrieben steht: FILIOLI/ HAEC PECCATORV[M]/ SCALA HAEC MEA/ MAXIMA FIDVCIA/ EST. HAEC TOTA/ RATIO SPEI MEAE/ S. Bernardus, in nativitate/ B[eastissi]mae Virg[in]is MARIAE. Mit der Übersetzung Meine lieben Söhne, das ist die Leiter für die Sünder, das meine größte Zuversicht, das ist der ganze Grund meiner Hoffnung! wird erkennbar, wie sich der Bischof mit Maria eine Vermittlerin der Erlösung wünscht. Auch im Aufbau des Bildfeldes ist sie die symbolische Leiter oder Treppe. über die Miller vom unteren Bildrand zu Christus und Gottvater aufsteigen kann. (Hermann 2013, 188)
Abb. 9 von 11 - Bildquelle: Jana Schmeckenbecher
Eine Verbindung zwischen Christus und dem Bischof bildet ein weiterer Schriftzug. Der Gottessohn verweist mit seiner Linken auf die Schrift, die aus dem Mund des Bischofs zu entspringen scheint. HINC LACTOR AB VBERE (Auf dieser Seite habe ich an der Brust getrunken) (Reiners, 1955, 469). Sie kann einerseits klar auf Christus bezogen werden, der von Maria genährt wurde. Andererseits scheint sich Miller die gleiche Zuwendung von der Gottesmutter zu wünschen, wie Jesus sie einst erhielt. (Hermann 2013, 189)
Abb. 10 von 11 - Bildquelle: Jana Schmeckenbecher
Das Schriftband auf dem Kreuz HINC PASCOR (AB)VVLNERE (Auf dieser Seite unter der Wunde gelitten) weist auf das Leiden und Sterben Jesu hin. Die rechte Seite thematisiert somit in zwei gemalten Schriften, wie der Gottessohn gestorben ist und von Maria genährt wurde. Dies kann auf das ganze Epitaph übertragen werden: Die linke Seite behandelt das Sterben Millers, die rechte den Wunsch nach Fürsorge der Gottesmutter. (Hermann 2013, 189)
Abb. 11 von 11 - Bildquelle: Birgit Rucker
Wie in den zwei anderen Gemäldeteilen gibt es auch im Mittelteil einen Bezug zu Maria. Die lateinische Schrift EXALTAVR SICVT | VNICORNIS CORNV | MEVM ET SENECTVS MEA IN MISERIOCODIA VBERI PSAL. 91 (Mein Horn wird wie das eines Einhorns erhoben werden und mein Alter wird erhoben werden durch das Erbarmen der Brüste.) verdeutlicht, dass der Bischof mit der Hilfe der Gottesmutter den Segen erwarten kann (Hermann 2013, 189). Das Epitaph erzählt folglich die Geschichte vom Leben, Sterben und schlussendlich dem Eintritt des Bischofs in das Gottesreich.