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Martin Engelbrecht, In der Spinnstube, um 1730, Kupferstich.
Die Fresken im Haus zur Kunkel stehen am Anfang einer langen Motivgeschichte. Die Darstellungen von Engelbrecht (Abb. 1) und Heyden (Abb. 2) aus dem 17. und 18. Jahrhundert propagieren Tugendideale und führen vor, wie die Hausfrau im privaten Raum der Handarbeit nachgehen und damit auch Müßiggang vermeiden soll.
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Jacob von der Heyden, Kunckelbrieff oder SpinnStuben, 1601-1645, Radierung.
Lesarten der Weberinnenfresken
Die Bodenseeregion war vom späten 12. Jahrhundert an eines der Zentren für den Anbau von Flachs und Hanf in Deutschland. Der Erwerbszweig der Leinenweberei und der Handel mit Stoffen verschaffte der Stadt Konstanz ihren Wohlstand. Die in den Fresken ebenfalls dargestellte Produktion von Seide, ein absolutes Luxusprodukt, war in Konstanz dagegen nicht etabliert. Im Leinengewerbe waren nicht nur Frauen tätig, die zum Teil aus ländlichem Umfeld kamen und durch die Aussicht auf Lohn in die Stadt gelockt wurden. Die Tätigkeit wurde auch in Frauenklöstern praktiziert und adligen Damen als Vorbeugung gegen den Müßiggang empfohlen. In den Weberinnenfresken des Hauses zur Kunkel sehen wir meist junge Frauen, die ihn vornehmer Kleidung auf einfachen Bänken sitzen. Mit abwechslungsreichen und energiegeladenen Gesten treiben sie den Arbeitsprozess voran. Die These, dass die Fresken ein Porträt alltäglicher Arbeit sind (deren Bildwürdigkeit erst geklärt werden muss), greift damit zu kurz. Was mag der Kustos von St. Johann und seine Besucher mit den Bildern verbunden haben?