Thomasin, Der Welsche Gast (Detail: (1) Kinder und Kette der Untugend; (2) Frauenknecht und Weibermacht, Zuschauer; (3) Tugend und Beständigkeit, Demut, Keuschheit, und Milde (Güte);) (Buch 3), um 1420, kolorierte Federzeichnung.
Im Heidelberger Manuskript des Welschen Gastes sitzt eine Frau mit erhobenen Spindeln auf einer Sitzbank und wird von Verehrern belagert. Der eine kniet demütig vor ihren Füßen, alle scheinen der „Weibermacht“ verfallen.
Beham Bartel, Spinnstube, 1524, Holzschnitt.
Im südlichen Schwaben wurden übliche Zusammenkünfte von Webern und Weberinnen Licht- oder Nachtkarz genannt. Es wurde „geflachst“ oder einer wurde ob seiner Schwächen „durchgehechelt“, es wurde getrunken und mit Erreichen des zu spinnenden Mindestmaßes an Garn getanzt und gefeiert. Um die ausufernden Aktivitäten einzudämmen, werden bezeichnenderweise in der Dorfordnung der Herrschaft Heggbach im Jahre 1750 Verbote für diese Zusammenkünfte ausgesprochen:
„1. Kunkel- oder Lichtstuben bei Tag oder Nacht, es sei ein oder beiderley Geschlechts, werden auf das allerhöchste verboten. Der Vater, der sein Kind in die Kunkelstube läßt, wird um 3 Thaler, derjenige, welcher eine Kunkelstube hält, um 6 Reichsthaler, wer in eine solche geht, um 2 Reichsthaler gestraft. 2. Das nächtliche Schwingen, wobei die ausgelassenen Bueben Gelegenheit bekommen, die Mägde und Döchtern zu verführen, wird bei Straf von 4 Reichsthalern verboten.“
Auch in schriftlichen Minnelehren und ihrer Illustration kann die Kunkel zu einem wichtigen Attribut werden, mit dem die Frau Begehren auslöst, aber auch gegen Zudringlichkeiten gerüstet scheint (Abb. 1). Neuzeitliche Verordnungen zeigen, dass die Spinnstube zur Gefahr für die strikte Trennung der Geschlechter werden konnte. In einer drastischen Darstellung von Beham Bartel aus dem 16. Jahrhunderts wird sie sogar zum Schauplatz eines bordellartigen Treibens (Abb. 2).