1561: Der Passionszyklus – Bildprogramm der Katholischen Reform
Domherr Kurtz engagierte für sein Ausstattungsprojekt in der Rotunde den zu jener Zeit gefragtesten Münstermaler Samuel Metzler (1542-1601). Darauf weisen seine erst jüngst entschlüsselten Initialen in der Gewölbemalerei hin. Kurtz muss als Verwalter der Münsterfabrik mit dem begehrten und häufig beauftragten Konstanzer Künstler in engem Kontakt gestanden haben.Hauptwerk der ...
mehr anzeigenDomherr Kurtz engagierte für sein Ausstattungsprojekt in der Rotunde den zu jener Zeit gefragtesten Münstermaler Samuel Metzler (1542-1601). Darauf weisen seine erst jüngst entschlüsselten Initialen in der Gewölbemalerei hin. Kurtz muss als Verwalter der Münsterfabrik mit dem begehrten und häufig beauftragten Konstanzer Künstler in engem Kontakt gestanden haben.Hauptwerk der Neuausstattung sind die großformatigen Bildtafeln von 1561 im manieristischen Stil. Sie zeigen die Passion Christi vom Abendmahl bis zur Auferstehung. Oft sind mehrere Ereignisse simultan dargestellt, wobei die räumliche Aufteilung das zeitliche Nacheinander der Szenen verdeutlicht. Dies erlaubt dem Betrachter, sich im Sinne der imitatio Christi, der Nachfolge Jesu, in den biblischen Ereignisraum der Bilder hineinzuversetzen. Diese Rezeptionsweise ist im Kontext der für das 16. Jahrhundert typischen Frömmigkeitsübungen des Ignatius von Loyola zu sehen. In ihnen spielten die Betrachtung und Verinnerlichung des Leben Jesu eine wichtige Rolle. Die Rotunde wird so zum Jerusalem der Passion Christi, in der sich die heilsgeschichtliche Vergangenheit und die Gegenwart des Betrachters verbinden.
Alle Bilder tragen im unteren Rahmen die zugehörigen Stellen der Evangelien. Die Bibelorientierung und der Fokus auf Christi Erlösungswerk als zentrales Thema sind Wesenszüge der sich neu formierenden Bildkultur der Katholischen Reform. Mit den Passionstafeln versuchte Kurtz also, die religiöse Praxis in der Rotunde wiederzubeleben. Sie sollte zu einem Ort des wiedererstarkenden Katholizismus in Konstanz werden. Angesichts der zu dieser Zeit kaum rekatholisierten Stadtbevölkerung, die zum alten Glauben zurückgeführt werden sollte, erscheint dieses reformerische Bildprogramm angemessen. weniger anzeigen