Um 955: Heilige Steine und Reliquien

Um die Heiligkeit seines Jerusalem-Nachbaus zu erhöhen, versah ihn Bischof Konrad mit Reliquien. Die des Hl. Mauritius muss er bereits 940 von seinem Freund Bischof Ulrich von Augsburg erhalten haben. Lange Zeit wurden sie in der Rotunde in einem heute nicht mehr erhaltenen Altar des Kirchenpatrons aufbewahrt und rituell verehrt.

Den rätselhaften weißen Stein, der heute noch am Nachfolgebau ...

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Um die Heiligkeit seines Jerusalem-Nachbaus zu erhöhen, versah ihn Bischof Konrad mit Reliquien. Die des Hl. Mauritius muss er bereits 940 von seinem Freund Bischof Ulrich von Augsburg erhalten haben. Lange Zeit wurden sie in der Rotunde in einem heute nicht mehr erhaltenen Altar des Kirchenpatrons aufbewahrt und rituell verehrt.

Den rätselhaften weißen Stein, der heute noch am Nachfolgebau des Heiligen Grabes zu sehen ist, brachte Konrad wahrscheinlich als Reliquie von einer Pilgerreise aus Jerusalem mit. Das Bruchstück vom echten Grab Christi sollte die Authentizität der Grabkopie in Konstanz erhöhen und es den Pilgern leichter machen, sich dem Grab in Jerusalem nahe zu fühlen.

Im Spätmittelalter wurde ein weiteres steinernes Relikt, das ebenfalls unter Bischof Konrad in die Rotunde kam, wie ein Heiligtum verehrt: Es ist ein römischer Inschriftenstein aus dem Jahr 294 n. Chr., der als Beweis für die antike Gründung der Stadt Konstanz galt. Seine Anbringung in der Rundkirche war ein raffinierter Kniff, der Alter und Ehrwürdigkeit des Bischofssitzes betonte. weniger anzeigen

  • Abb. 1 von 3 - Bildquelle: Birgit Rucker

    Der nur 3,5 cm große weiße Stein am heutigen Grabbau in der Rotunde ist besonders auffallend, denn der für das Grab verarbeitete Rorschacher Sandstein weist kaum Steineinschlüsse auf. Alles deutet darauf hin, dass bereits Bischof Konrad den kleinen Marmorstein als Pilger im Heiligen Land mitgenommen und an seiner Grabkopie angebracht hatte. Aufgrund seiner Besonderheit wurde er wohl auch für den Nachfolgebau des Heiligen Grabes übernommen.

  • Abb. 2 von 3 - Bildquelle: Bagnoli, Martina / Klein, Holger A. / Mann, C. Griffith u.a.(Hg.): Treasures of heaven. Saints, relics, and devotion in Medieval Europe, 2010, S.219 (Ausschnitt)

    Kästchen mit Steinen aus dem Heiligen Land, 6./7. Jh. n. Chr., Rom, Sancta Sanctorum

    Wie schon Pilgerberichte aus dem frühen Mittelalter berichten, war das Grab Christi in Jerusalem von einem Bau aus weißem Marmor umgeben. Von diesem brachen viele Pilger trotz Verbote kleine Stücke ab und nahmen sie als Reliquien mit nach Hause. Dass dies eine gängige Praxis war, zeigt dieses in der Kapelle Sancta Sanctorum in Rom aufbewahrte Kästchen aus dem 6. oder 7. Jahrhundert. Es ist mit Steinen aus dem Heiligen Land gefüllt, die als Reliquien verehrt wurden. So könnte die Überlieferung, dass auch der weiße Stein in Konstanz ein Teil des Grabes Christi in Jerusalem war, nicht ganz aus der Luft gegriffen sein.

  • Abb. 3 von 3 - Bildquelle: Fundriver via Wikimedia Commons (Nutzung gemäß CC BY-SA 2.5)

    Den römischen Inschriftenstein von 294 ließ Konrad aus Winterthur nach Konstanz bringen und in der südlichen Seitenkapelle der Mauritiusrotunde einmauern. Der Stein wurde so bearbeitet, dass der Name des Unterkaisers Valerius Constantius, von dem der Stadtname Konstanz abgeleitet wurde, in der Mitte zu sehen war (dritte Zeile von unten). Im Laufe der Zeit wurde die Tafel zu einem eigenen Kultgegenstand und von den Konstanzern wie eine Reliquie verehrt. Davon zeugen vor allem Berichte zur Zeit des Konstanzer Konzils im 15. Jahrhundert.

    Die Abbildung zeigt den Stein an seinem heutigen Standort im Eingang des Winterthurer Rathauses. 1967 wurde er der Stadt Winterthur zurückgegeben, da er eigentlich deren Begründung bzw. Befestigung der Stadtmauer durch die Römer beschreibt.