Vadim Sidur
Die heutige Situation
1981/82
Der Titel, „Die heutige Situation“, den der Künstler seiner drei Meter hohen, aus Gusseisen realisierten Plastik gegeben hat, ist keine große Verständnishilfe. Das Werk verbindet zwei gegensätzlich geformte Gebilde: ein breit ausladendes, rundes und ein hochstrebendes, das zum Dünnen, Eckigen tendiert. Zusammen kann man sie als Paar, als Frau und Mann, interpretieren, muss es aber ... mehr anzeigenDer Titel, „Die heutige Situation“, den der Künstler seiner drei Meter hohen, aus Gusseisen realisierten Plastik gegeben hat, ist keine große Verständnishilfe. Das Werk verbindet zwei gegensätzlich geformte Gebilde: ein breit ausladendes, rundes und ein hochstrebendes, das zum Dünnen, Eckigen tendiert. Zusammen kann man sie als Paar, als Frau und Mann, interpretieren, muss es aber nicht. Unten sind die beiden Gebilde miteinander verschmolzen und im oberen Teil sind sie ineinander verschränkt.Die Plastik lebt von starken Gegensätzen der Gestaltung. So antwortet auf den schmalen, abgewinkelten Teil auf der Seite gegenüber ein auslandender runder Bogen, der in einer kleinen Kugel mündet und sich dabei wie ein Arm auf den gewölbten „Unterleib“ abstützt. Direkt unterhalb des „Achselhöhle“ erkennt man zwei Ausbuchtungen, die an eine weibliche Brust erinnern.Wer die Plastik als Darstellung eines Paars interpretieren will, wird vom Werk selbst immer wieder in die Schranken verwiesen. Die zur Abstraktion tendierende Gestaltung zwingt den Betrachter, die Formen in ihrer dynamischen Entwicklung als einen großen Zusammenhang, als komplexes Formereignis, wahrzunehmen.
Die im Hockgraben aufgestellte Plastik geht auf ein Modell zurück, das Vadim Sidur der Universität anlässlich einer Ausstellung seiner Werke 1982 schenkte.
Der russische Bildhauer Vadim Sidur, geboren 1924 in Dnjepropetrowsk, Ukraine, starb 1986 in Moskau. Während des Zweiten Weltkrieges erlitt er gravierende Verletzungen durch einen deutschen Scharfschützen, die sein Leben fortan prägten. Nach Abbruch eines Medizinstudiums widmete er sich der Kunst. Die Sujets seiner Werke sind Themen wie Gewalt, Tod, Grausamkeit und Unterdrückung, verhandelt in einer abstrahierenden Formensprache. weniger anzeigen