Kuhhaut

Bei der sogenannten „Kuhhaut“ an der verlängerten Mauerzunge der Mittelschiffnordwand handelt es sich um eine misogyne Darstellung aus gotischer Zeit. Vier Dämonen spannen eine Kuhhaut auf. Die am oberen Rand sichtbaren, durch Hauben als verheiratet gekennzeichneten Frauen sprechen und gestikulieren, als ob sie unbeobachtet wären. Von den Frauen unbemerkt spielt auf oder vor der ... mehr anzeigenBei der sogenannten „Kuhhaut“ an der verlängerten Mauerzunge der Mittelschiffnordwand handelt es sich um eine misogyne Darstellung aus gotischer Zeit. Vier Dämonen spannen eine Kuhhaut auf. Die am oberen Rand sichtbaren, durch Hauben als verheiratet gekennzeichneten Frauen sprechen und gestikulieren, als ob sie unbeobachtet wären. Von den Frauen unbemerkt spielt auf oder vor der Kuhhaut ein Dämon Flöte. Das Geschwätz der Frauen, das wie das teuflische Flötenspiel Schall und Rauch scheint, wird nicht nur im Bild festgehalten, sondern auch im Sündenregister aufgezeichnet. So warnt der Text auf der Kuhhaut, dass über das „BLABLA“ der Frauen am Jüngsten Tag gerichtet werden wird. weniger anzeigen

  • Abb. 1 von 3 - Bildquelle: Landesamt für Denkmalpflege im RP Stuttgart, in: Jakobs 1999, Abb. 701

    Der in gotischer Majuskel geschriebene Text erklärt die Kuhhaut als eine Art Speichermedium für Störungen und unnötiges Geschwätz.:
    ICH•WIL•HIE•SHRIB
    VN•VON•DISEN
    TVMBEN•WIBVN
    WAS•HIE•WIRT•PLAPLA GUSPR
    OCHVN•VPPIGES IN DER•WOCHUN
    DAS•WIRT•ALL
    VS•WOL•GUR
    AHT•SO•ES•W
    IRT•FUR•DEN
    RIHT[V]R•
    BRAHT•

    (Transkription nach Dörthe Jakobs)

  • Abb. 2 von 3 - Bildquelle: Landesamt für Denkmalpflege im RP Stuttgart, in: Jakobs 1999, Tafel 81g (Detail)

    Bei näherer Betrachtung kann die von Teufeln aufgespannte Kuhhaut auch als Persiflage auf die Auferweckung des Jünglings von Naim erscheinen. Hier spannen vier Teufel die Kuhhaut, dort tragen vier Träger die Totenbahre. Hier sitzt der Teufel auf oder vor der Haut, dort der Jüngling auf der Bahre. Hier steht die Szene für die ewige Verdammnis der schwatzenden Frauen, dort ist die Auferweckung Vorzeichen für die Auferstehung und Erlösung am Jüngsten Tag.

  • Abb. 3 von 3 - Bildquelle: Landesamt für Denkmalpflege im RP Stuttgart, in: Jakobs 1999, Abb. 642

    Die Kuhhaut befindet sich auf dem Deckmörtel der ersten Bauphase, ebenso wie die oberhalb davon gemalte, am Arkadenbogen „aufgehängte“ Weihekrone, die zum ältesten Bestand der Ausmalung gehört. Im Bereich der Ketten ist es bei der Freilegung der Malereien im 19. Jahrhundert zu einer Vermischung von Malschichten gekommen, so dass hier nun zusätzlich Reste einer barocken Mariendarstellung aus der Zeit um 1620 zu sehen sind. Die gotische Kuhhaut, die vor dem Lettner auf die Funktion als Pfarrkirche Bezug nimmt ist auf eine Zeit um 1308 zu datieren.