Bildprogramm der Ausmalung

Der Innenraum beeindruckt durch eine von außen kaum erwartete Weite und eine kohärente Gesamtwirkung der Farben und Gliederungselemente. Der Gesamteindruck ist freilich Ergebnis einer 1000-jährigen Geschichte von Ausmalung, Übermalung, Rekonstruktion, Patinierung und Restaurierung.

Die ältesten Malschichten gehen wohl auf das 9., wenn nicht sogar auf das späte 8. Jahrhundert zurück. ...

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Der Innenraum beeindruckt durch eine von außen kaum erwartete Weite und eine kohärente Gesamtwirkung der Farben und Gliederungselemente. Der Gesamteindruck ist freilich Ergebnis einer 1000-jährigen Geschichte von Ausmalung, Übermalung, Rekonstruktion, Patinierung und Restaurierung.

Die ältesten Malschichten gehen wohl auf das 9., wenn nicht sogar auf das späte 8. Jahrhundert zurück. Sie wurden Anfang des 14. Jahrhundert komplett überarbeitet und waren wohl bis ins 16. Jahrhunderte sichtbar. 1882 wurden sie zusammen mit der gotischen Überarbeitung wieder freigelegt. Zu den gut erhaltenen Partien dieser ältesten Malereien gehört der Zyklus aus acht Bildern mit Wundern Christi.

Drei perspektivisch ausgestaltete Mäander gliedern die Wände in drei Zonen. Die obere Zone mit den Aposteln wurde 1889 von Carl Phillip Schilling weitgehend neu gemalt. Unten sind Tondi mit Brustbildern von Äbten über den Säulen platziert. Sie gehören ebenso wie die gemalten Säulen zum ältesten Bestand der Ausmalung, sind im 19. Jahrhundert jedoch stark überarbeitet worden. Auch am Triumphbogen finden sich freie Interpretationen und Ergänzungen. Trotz dieser Einschränkungen handelt es sich um das älteste nahezu komplett erhaltene Bildprogramm nördlich der Alpen.

Die Datierung der Malereien schwankt zwischen dem Ende des 9. und dem 10. Jahrhundert. Ein neu entdeckter Bezug zwischen dem Christus-Zyklus von Oberzell und der Reichenauer Heilig-Blut-Legende macht eine Datierung um 935 wahrscheinlich (Bogen 2015). weniger anzeigen

  • In der Zusammenschau der verschiedenen Wandzonen erkennt man die typische Ausformung eines christlichen Bildsystems (Kemp 1994): überzeitliche Apostelfiguren werden mit szenischen Darstellungen und lokalen Figuren verknüpft. Als figürliche Klammer wirken die großen Mäander und die als Grund der Figuren durchlaufenden Farbstreifen.

  • Abb. 2 von 3 - Bildquelle: Landesamt für Denkmalpflege im RP Stuttgart, in: Jakobs 1999, Tafel 99

    Der Zyklus wurde auf einen bereits getrockneten und mit einer Kalkschlemme versehenen Putz gemalt. Die dabei verwendeten Gerüste waren nicht mit denen der Aufmauerung identisch. Das Schema zeigt, wie die Grenzen des Deckmörtels nicht mit den Grenzen der Bildfelder übereinstimmen. Dies legt einen zeitlichen Abstand zwischen Bau und Ausmalung nahe, ohne dass der Zeitraum durch eine technische Untersuchung bestimmt werden könnte. Die Datierung der Malerei schwankt zwischen der Frühdatierung in die Zeit Hattos III (888-913) (Koshi 1999, Berschin 2012) und einer Spätdatierung in die Zeit Abt Witigowos (985-986) (Jakobs 1999).

  • Abb. 3 von 3 - Bildquelle: Landesamt für Denkmalpflege im RP Stuttgart, in: Jakobs 1999, Tafel 77g (Detail)

    Jedes Bild des Zyklus ist mit einem Vers versehen, der aus einem ungereimten Pentameter und einem gereimten Hexameter besteht. Die Tituli sind in Majuskeln in die untere rote Rahmenleiste des Bildes geschrieben. Sprache und Versform deuten auf eine Entstehungszeit der Tituli um 900 (Berschin 2012).