Abb. 1 von 4 - Bildquelle: Landesamt für Denkmalpflege im RP Stuttgart, in: Jakobs 1999, Tafel 79g
Hic sine luce satus sputoque lutoque linitus …
Hier wird der ohne Licht Geborene zugleich mit Speichel und Lehm bestrichen und …
(Transkription des Titulus und Übersetzung nach Walter Berschin)
Bibelreferenz: Jh 9,1-7.
Der zweite Teil des Titulus ist durch den Einbau des gotischen Lettners zerstört worden.
Abb. 3 von 4 - Bildquelle: Landesamt für Denkmalpflege im RP Stuttgart, in: Jakobs 1999, Tafel 79g (Detail)
Bei der „Heilung des Blindgeborenen“ ist der thematische Höhepunkt der Nordwand bildkompositionell auch daran zu erkennen, dass ein Fremder, der Blindgeborene, Einlass in das architektonische Gestell und den heiligen Raum um Christus erhält. Die rechts zu sehende Weiterführung des Rahmengestells (weiß mit gelben Rändern) geht auf eine falsche Deutung des Befunds durch eine nachträgliche Übermalung zurück.
Abb. 5 von 4 - Bildquelle: Landesamt für Denkmalpflege im RP Stuttgart, in: Jakobs 1999, Tafel 79g (Detail)
Die hochgestelzten Häuser dienen der architektonischen Gestaltung des Hintergrunds und als Vorgabe von Richtungsbezügen durch ihre Schrägstellung. Außerdem fungieren sie als markanter Kontrast zu dem durch die Öffnungen sichtbar werdenden Streifenhintergrund. So entsteht einerseits eine Tiefenraumillusion und andererseits erfolgt die Hervorhebung bestimmter Figurenkompositionen sowie zentraler Ereignisse des Bildgeschehens.
Im Bild der „Heilung des Blindgeborenen“ ist am linken Pfosten des zentralen Hauses eine bildimmanente Reparatur zu sehen. Möglicherweise sollte durch die Korrektur der farbliche Kontrast betont und eine Überlagerung vermieden werden. Die Gleichfarbigkeit des Hauses und des Blindengewands stellt zudem eine visuelle Relation her, die eine mögliche Zuordnung suggeriert. Da die Reparatur außerdem die Form eines Kapitells hat, ist es denkbar, dass zusätzlich ein semantischer Bezug zum Blinden besteht, denn das lateinische Wort capitellum bedeutet Köpfchen
Abb. 6 von 4 - Bildquelle: Landesamt für Denkmalpflege im RP Stuttgart, in: Jakobs 1999, Tafel 79a
Die Fotografie zeigt den Zustand des Bildes nach der Freilegung 1882 (Aufnahme von G. Wolf). In der Mitte ist deutlich eine helle, demnach zerstörte, Stelle zu sehen, die von der Errichtung und Beseitigung des Lettners herrührt. Dennoch scheint es, als ob das Bildprogramm weiterhin akzeptiert wurde: Der Lettner, bzw. die Beschädigung durch den Lettner, ist genau an der Stelle - am Rand des roten, hochgestelzten Hauses - gewesen, die das Bildgeschehen trennt. So wäre trotz der vermutlichen Übermalung der zweiten Bildhälfte während dieses Zeitraums eine kontinuierliche Lesart des Zyklus möglich gewesen.