Zerstörte Szenen: Parzivals Kampf gegen Orilus (5. Buch, 260,12ff) / Blutstropfenszene (5. Buch, 281,23ff) / Parzival am Artushof
(6. Buch, 309,3ff)
Auch in der unteren Bildzeile wurde der letzte Abschnitt durch den Einbau der Tür komplett zerstört. Über die Inhalte der verlorenen Bildfelder kann daher wieder nur spekuliert werden. Der verbleibende Platz ist nicht ausreichend, um die Geschichte des Parzival bis zu seiner Aufnahme in die Gralsrunde komplett zu Ende erzählen zu können. Daher muss ein geeigneter Schlusspunkt gefunden worden sein. Für Wunderlich (1996) besteht dieser Schluss darin, dass Parzival zum Artusritter ernannt wird. Vor der Aufnahme in die Artusrunde (Abb. 5) könnte eine Kampfszene wie der Kampf gegen Orilus (Abb. 2 und 3) und sehr wahrscheinlich die Blutstropfenszene (Abb. 4) zu sehen gewesen sein: im frisch gefallenen Schnee sieht Parzival drei Blutstropfen aus den Wunden einer verletzten Wildgans. Durch den Farbkontrast des roten Bluts im weißen Schnee sieht er in den Tropfen das Gesicht seiner Condwiramurs und aus Liebe und Sehnsucht verfällt er in eine Art Trance. Im Rahmen der dritten Bildzeile könnte diese Szene auch ein Pendant zum blutigen Boden nach dem Sieg über Clamide dargestellt haben.
Angenommen, die verlorenen Bildfelder zeigten tatsächlich die Blutstropfen und die Aufnahme als Artusritter, so würde die dritte Bildzeile eine Serie erfolgreich bestandener Prüfungen zeigen, die mit der Eheschließung und Befreiung des belagerten Pelrapeire beginnen würde. Einzig der Besuch auf der Gralsburg wäre als eine Art retardierendes Moment in die Geschichte aufgenommen worden.
Der Konstanzer Zyklus konzentriert sich auf Stationen Parzivals, die seinen Aufstieg zum Gralsritter markieren. Bereits für den Roman sind die ausführlich geschilderten Begegnungen mit Frauen entscheidend. In der Auswahl des Konstanzer Zyklus treten sie noch einmal hervor (Herzeloyde, Jeschute, zweimal Sigune und mehrmals Condwirarmurs). Parzivals anfangs unbeholfenes Verhalten, sein Versagen innerhalb höfischer Ordnungen und die Schuld, die er damit auf sich lädt, werden kaum thematisiert. Stattdessen steht sein manchmal unfreiwillig komischer Minnedienst im Mittelpunkt, der sich insgesamt zu einer Serie erfolgreich bestandener Prüfungen zusammenschließt.