Parzival – ein beliebtes Thema für Illustratoren

Wolframs Parzival ist in 15 Handschriften und ca. 70 Fragmenten erhalten. Fünf der Handschriften können auf das 13. Jahrhundert datiert werden, die übrigen stammen aus dem 14. und 15. Jahrhundert. Einige sind mit teils großformatigen, farbigen Illustrationen versehen.

Abgesehen von farbigen Initialen kann die sogenannte Handschrift G (CGM19), die um 1230 vermutlich in Straßburg entstanden ist, als frühestes Beispiel einer illustrierten Parzivalhandschrift gelten (Abb. 1). Auf vier direkt aufeinanderfolgenden Bilderseiten werden jeweils drei Szenen aus dem zweiten Teil des Parzivalepos dargestellt. Vergleichen wir das Festmahl in der Münchner Handschrift (Abb. 2 oben) mit dem Mahl am Artushof in Konstanz (Abb. 2 unten). Trotz des unterschiedlichen Bildformats fallen einige Gemeinsamkeiten auf. In beiden Beispielen ist der Tisch als horizontales Band ins Bild gesetzt, die Tischdecke wirft vorne schwere Falten, die Tischoberfläche ist jeweils so nach hinten geklappt, dass die auf dem Tisch stehenden Gegenstände sichtbar werden. Die Schüsseln und Speisen auf dem Tisch gleichen sich (Abb. 3). Die Festgesellschaft hat Schulter an Schulter hinter dem Tisch Platz genommen und kommuniziert mit ähnlichen Gesten.
Doch vor allem fallen Unterschiede auf: die breit angelegte Festtafel ist auf einen schmalen Tisch reduziert. Während die Handschrift Diener vor dem Tisch platziert, sieht sich der Betrachter in der räumlich reduzierteren Szene in Konstanz viel direkter mit den Personen am Tisch konfrontiert. Ein interessantes Detail sind die Schriftbänder, die in der Handschrift die Namen einiger abgebildeter Personen aufnehmen sollten (Abb. 1 oberer und unterer Bildstreifen). Dem Illustrator war es offenbar ein Anliegen, den Bezug zum Text deutlich zu machen und dem Leser zu helfen, die Figuren zu identifizieren. In Konstanz fehlen die Namensbänder und damit auch der deutliche Rückbezug auf den Text.

Die späteren Handschriften aus dem 14. und 15. Jahrhundert weisen eine stärker perspektivierte Räumlichkeit auf und geben dem Betrachter Einblick in Innenräume (Abb. 5 und 6). Schon der Konstanzer Zyklus zeigt in den Szenen, in denen Parzival Frauen begegnet, Ansätze zur Darstellungstechnik einer zum Betrachter hin fehlenden 'vierten Wand'.