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Dann über den vierzehenden tac diu vrouwe eins kindelîns gelac, eins suns, der sölher Iide was daz si vil kûme dran genas. (112, 5-8)
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Vierzehn Tage darauf brachte die Herrscherin ein Kindlein zur Welt; es war ein Sohn und so kräftig gebaut, dass seine Geburt sie fast das Leben kostete.
(Spiewok, Band 1, S. 193)
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Hie gebirt die frow den barczifal Gahmuretes sun von dem dis bůch seit vnd sinen tetten.
Die Geburt des Parzival
Cod. AA 91, fol. 18v, 1467, Burgerbibliothek Bern
Die Geburt Johannes des Täufers
Perikopenbuch aus St. Erentrud in Salzburg - Evangelia in missa legi solita, praecedente capitulari evangeliorum, BSB Clm 15903, 11./12. Jh., im Besitz der Bayerischen Staatsbibliothek
Die Geburt Johannes des Täufers
Goslarer Evangeliar, um 1230/1240, Ausschnitt aus einer Seite mit der Verkündigung an Zacharias und der Namensverkündung
Geburt Christi
Mosaik in der Kirche S. Maria dell'Ammiraglio in Palermo, 1132-1140
Dargestellt ist die Geburt Parzivals. Im Bett liegt seine Mutter Herzeloyde, Parzival wird von einer Hofdame gewaschen. Diese Szene ist bei Wolfram von Eschenbach nicht detailliert beschrieben. Er widmet der Geburt des Helden nur vier Zeilen, die vor allem die ungewöhnliche Größe des Kindes beschreiben. Vom Bad des Kindes ist hingegen nicht die Rede.
Der Maler hat hier auf einen bekannten Bildtypus zurückgegriffen: Die Geburt Johannes des Täufers. Dessen Mutter Elisabeth wird meist liegend im Bett dargestellt, während das Neugeborene in einer Wanne gebadet wird (Abb. 3 und 4). Diese Darstellungsform ist wiederum von Abbildungen der Geburt Christi abgeleitet. Hier entwickelte sich im 12. Jahrhundert eine Bildform, die Maria im Bett oder auf einer einfachen Lagerstätte zeigt. Ihr Oberkörper ist wie bei Herzeloyde häufig angelehnt, sie hält das Christuskind im Arm oder hat es in ihrer Nähe in eine Krippe gelegt. Vereinzelte Darstellungen zeigen außerdem wie Christus gebadet wird (Abb. 5).
Das Haus zur Kunkel war Besitz des Stifts St. Johann, was der Anlehnung an die Johannes-Ikonographie eine besondere Bedeutung verleiht (Bihrer 2007, 210). Die christologischen Bezüge spielen bereits für die literarische Erzählung eine Rolle. So vergleicht Wolfram von Eschenbach in den Versen 113,5-26 Herzeloyde, die ihren Sohn selbst stillt und dies nicht einer Amme überlässt, mit Maria der "höchste[n] Königin, [die] ihre Brüste Jesus gereicht [hat]."”