Geburt des Parzival Parzival auf der Jagd Parzival und Karnachkarnanz Parzival und Herzeloyde Abschied von Herzeloyde Parzival und Jeschute Zerstörte Szenen Anlegen von Ithers Rüstung Parzival bei der Tafelrunde Parzivals Ritt zu Gurnemanz Gurnemanz belehrt Parzival Empfang in Pelrapeire Parzival wird	zu Bett geleitet Zerstörte Szenen Parzival und Condwiramurs Parzivals Kampf gegen Clamide Parzival kehrt nach Pelrapeire zurück Abschied von Condwiramurs Empfang auf der Gralsburg des Anfortas Sigune auf der Linde Zerstörte Szenen

Parzival und Condwiramurs (4. Buch, 191,25ff oder 201,19ff)

Die dritte Bildzeile beginnt wieder mit einer Szene in einem Innenraum. Wie bei Parzivals Geburt in der ersten Zeile sehen wir einen Raumkasten mit Ziegeldach, dem die vordere vierte Wand fehlt. Der Bereich unterhalb des Daches ist zerstört, im unteren Drittel sind zwei sitzende Personen zu sehen, von denen jedoch lediglich Gewandstücke erhalten sind. Die Figuren sind einander zugewandt, was anhand der Beinhaltung und der Drehung der Oberkörper deutlich wird. Von der linken, in ein rotes, langes Kleid gehüllten Person sind keine körperlichen Details erkennbar, die Haltung ist nur durch die Gewandfalten angedeutet. Die zweite Person, mit der sie im Gespräch zu sein scheint, trägt ein helles Gewand. Das rechte Bein ist über das linke geschlagen, beide Füße sind sichtbar. Rechts von dieser Szene, aber noch unter dem Dach, steht eine ebenfalls in rot gekleidete Person. An ihrem Gürtel hängen Täschchen, wie sie auf der gegenüberliegenden Seite der Weberfresken bei der Fertigung gezeigt werden.

Die Identifikation der Personen mit Parzival und Condwiramurs scheint sicher. Dennoch kommen zwei Szenen des Epos in Frage: Condwiramurs Besuch in Parzivals Schlafkammer kurz nach seiner Ankunft in Pelrapeire (191, 28ff.) oder die Hochzeitsnacht der beiden. Diese findet nach Parzivals Sieg über Clamides Seneschall Kingrun statt (201, 19ff.).

Laut Wunderlich (1996) handelt es sich um die erstgenannte Szene, den Besuch Condwiramurs bei Parzival. Die stehende Figur deutet er als Condwirarmurs, die Parzival ihr Leid geklagt hat und sich heimlich aus der Kammer schleicht. Ächtler (2007) deutet die Szene als Hochzeitsnacht, da die zweite Bildzeile im heute zerstörten Bereich genügend Raum für die erste Gesprächsszene zwischen Parzival und Condwiramurs geboten hätte.
Welche Episode tatsächlich zu sehen ist, kann nicht mehr eindeutig entschieden werden. In Wolfram von Eschenbachs Parzival sind sich die beiden Szenen sogar so ähnlich, dass sie übereinander geblendet werden können: In beiden Szenen betont der Erzähler die naive, durchaus Heiterkeit auslösende Keuschheit und Unschuld des Paares. Dieses Thema spielt auch für den Bilderzyklus eine wichtige Rolle. So erkennen wir gerade in den Innenraumszenen eine Steigerung von Parzivals „Minnekompetenz“: Von der mütterlichen Liebe über die unschickliche Zudringlichkeit gegenüber Jeschute bis zur keuschen Begegnung und Eheschließung mit Condwiramurs.